Pressemitteilung
- Erträge im Corporate Banking steigen bis 2020 um rund 2 Prozent pro Jahr
- Marktvolumen beläuft sich in der Schweiz auf knapp neun Milliarden Franken
- Wachstumstreiber sind Transaction Banking und zinsunabhängige Produkte
- Grössere Volumina und weiterhin niedrige Risikokosten kompensieren Margenerosion im Kreditgeschäft
- Mit fünf Stellhebeln lässt sich das Corporate Banking nachhaltig stärken
Die Aktienkurse sprechen eine klare Sprache: Die Bankbranche in der Schweiz gilt wie auch in anderen Ländern nach wie vor als Krisenkandidat. Es mangelt an adäquaten Wachstumsvisionen, die Alltagsgeschäfte bieten kaum Anreize für Investoren. Eine Analyse der internationalen Managementberatung Bain & Company zeigt einen möglichen Ausweg. Gebot der Stunde ist die Stärkung des oft im Schatten stehenden Corporate Banking und damit des Geschäfts mit den knapp 100 000 in der Schweiz beheimateten Unternehmen. Im laufenden Jahrzehnt sind die Erträge der Banken hieraus um rund 2,0 Prozent pro Jahr gewachsen. Bain prognostiziert eine Fortsetzung dieses Wachstumstrends bis 2020 (Abbildung).
„Dem Corporate Banking fehlt der Glanz des Private und Investment Banking“, erklärt Bain-Partner und Branchenexperte Dr. Jan-Alexander Huber. „Dabei ist dieses Geschäft sehr solide und noch wenig zyklisch.“ Tatsächlich ist die Bonität schweizerischer Unternehmen überdurchschnittlich, ihr Rating beträgt in der Regel A-. Diese solvente Klientel ist nicht nur an Krediten interessiert, auch das Transaction Banking und die Begleitung von Corporate-Finance-Aktivitäten spielen für sie eine wichtige Rolle. „Die Kreditinstitute sollten viel stärker Präsenz zeigen und sich so ein grösseres Stück vom wachsenden Corporate-Banking-Business sichern“, betont Huber.
Drittgrösster Teilmarkt
Der Bain-Analyse zufolge summieren sich die Erträge im Firmenkundengeschäft in der Schweiz derzeit auf knapp neun Milliarden Franken. Nach dem Retail und Private Banking bildet dieses Segment den drittgrössten Teilmarkt für hiesige Institute. Auf jeweils rund zwei Milliarden Franken beläuft sich der Ertragspool im Geschäft mit Multinationals mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Franken sowie dem gehobenen Mittelstand, dessen jährlicher Umsatz sich auf 25 bis 250 Millionen Franken beläuft. Der Rest verteilt sich nahezu gleichgewichtig auf kleine Betriebe (ein bis fünf Millionen Franken Umsatz pro Jahr), mittelständische Unternehmen (5 bis 25 Millionen Franken Umsatz pro Jahr) sowie grosse Konzerne (250 Millionen bis eine Milliarde Franken Umsatz pro Jahr). Erwartungsgemäss steigen die Erträge pro Unternehmen mit der Firmengrösse. Bei Multinationals liegen sie im Durchschnitt bei 11,8 Millionen Franken, beim gehobenen Mittelstand bei 300 000 Franken.
Die Erträge der Banken mit Corporate Banking stammen zu 80 Prozent aus dem Kreditgeschäft sowie dem Transaction Banking und zu 20 Prozent aus Einlagen und Corporate Finance. Als besonders wachstumsstark erwies sich in den vergangenen Jahren das Transaction Banking. Seit 2014 sind die Erträge hier jährlich um durchschnittlich 6,5 Prozent gestiegen. Zudem führte in jüngster Zeit eine zunehmende Zahl von Kapitalmarkttransaktionen zu einem Wachstum im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft um 3 bis 5 Prozent.
Generell sind derzeit Geschäfte attraktiv, die unabhängig vom Zinsniveau sind. Im Kreditgeschäft dagegen hinterlassen die anhaltenden Niedrigzinsen und das teilweise aggressive Pricing im Wettbewerbsumfeld ihre Spuren. Bei Ausleihungen auf Rekordhöhe ist die Zinsmarge historisch niedrig. Noch fangen steigende Kreditvolumina und geringe Risikokosten den Margenverfall auf, was sich allerdings bei einer konjunkturellen Abkühlung ändern dürfte. Vor diesem Hintergrund erwartet Bain bis 2020 höchstens stabile Erträge im Kreditgeschäft. Wachstumstreiber bleibt das Transaction Banking dank weiterer Innovationen im Zahlungsverkehr. Wachstumspotenzial bergen darüber hinaus Corporate-Finance-Produkte wie syndizierte Kredite und Anleihen.
Vom wachsenden Corporate Banking profitieren
Der Bain-Analyse zufolge sind die Schweizer Banken unterschiedlich gut positioniert, um am Wachstum zu partizipieren. Ein wichtiges Thema ist die Kapitalausstattung. Zwar liegt die durchschnittliche harte Kernkapitalquote (Core-Tier-I-Ratio) mittlerweile bei soliden 15 Prozent. Doch zwischen den einzelnen Banken und ihren Geschäftseinheiten gibt es nach wie vor erhebliche Differenzen. Deshalb ist eine effiziente Kapitalallokation unverzichtbar. Sie zählt damit zu den fünf Stellhebeln, die zur Stärkung des Corporate Banking beitragen:
- Effiziente Kapitalallokation. Bei der Zuordnung von Kapital darf es nicht allein um die Eigenkapitalrentabilität gehen. So generiert das vergleichsweise kapitalintensive Kreditgeschäft mit Firmenkunden in der Folge oft kapitaleffizientes gebührenbasiertes Geschäft. Die Kennzahlen zur Banksteuerung sollten diese Effekte berücksichtigen, um Entscheidungen zur Kapitalallokation zwischen einzelnen Kundensegmenten gezielt treffen zu können.
- Klare Priorisierung von Teil-Kundensegmenten. Je grösser ein Unternehmen und je besser sein Zugang zum Kapitalmarkt ist, desto eher gerät die Marge der Banken unter Druck. Anders stellt sich die Situation im Geschäft mit weniger preissensiblen Unternehmen des gehobenen Mittelstands dar. Eine konsequente Digitalisierung von Backoffice-Prozessen ermöglicht zudem, die Rentabilität von Geschäften mit kleineren Unternehmen weiter zu erhöhen.
- Ende-zu-Ende-Kundenmanagement. Wer sich einen Wettbewerbsvorteil im gehobenen Mittelstand verschaffen will, sollte potenzielle Kunden systematisch nach Ertragspotenzial einteilen und mithilfe eines CRM-Systems und eines ergebnisorientierten Vertriebsmanagements zielgruppengerecht betreuen.
- Bessere Datennutzung. Ein Ende-zu-Ende-Kundenmanagement setzt optimale Datennutzung voraus. Bei der einheitlichen Erfassung und dem Management der Daten besteht vielerorts ebenso Handlungsbedarf wie bei der Schlagkraft der IT-Infrastruktur. Eine gezielte Datenauswertung kann Geschäftspotenziale aufdecken und die effiziente Allokation des Kapitals der Banken auf die einzelnen Kundensegmente sicherstellen.
- Bereinigung des Produktportfolios. Auch hier leisten bessere Daten gute Dienste. Schritt für Schritt entsteht ein gestrafftes, digitalisiertes Portfolio. Zugleich sollten Banken neue Lösungen entwickeln, beispielsweise an der Schnittstelle zwischen Corporate und Investment Banking sowie dem Segment der Ultra High Net Worth Individuals (UHNWI).
„Das Corporate Banking bietet in der Schweiz erhebliche Chancen“, fasst Bain-Bankenexperte Dr. Stefan Wörner zusammen. „Wer sich jetzt strategisch richtig aufstellt, erarbeitet sich einen Vorsprung im Wettbewerb und kann zugleich bei seinen Investoren neue Wachstumsfantasien wecken.“