Brief
Seit rund einem Jahrzehnt liefern sich die Telekommunikationsanbieter in Europa einen harten Preiswettbewerb. Auf den verschiedenen Inlandsmärkten kämpfen jeweils drei bis fünf Unternehmen um Marktanteile und treiben die Preise sowohl für Netzdienste – Sprach-, Text- und Datendienste – als auch die Geräte nach unten, welche von den Betreibern mit dem Ziel der Kundengewinnung subventioniert wurden.
Die Kunden haben sich auf diese Preisfixierung eingestellt. Für viele ist der Preis bei der Wahl des Anbieters das wichtigste Kriterium – weit vor Netzqualität, Marke oder verfügbaren Leistungen. Der Preiskrieg hat die Marktdurchdringung bei Festnetz-Breitbandanschlüssen und Mobiltelefonen gesteigert, zugleich aber die Wertschöpfung der Anbieter untergraben. Kabelanbieter konnten diesem Schicksal entgehen: Sie können ihre höheren Preise behaupten, da ihr Unterhaltungsangebot von der Zielgruppe als Mehrwert wahrgenommen wird.
Mit fallenden Konnektivitätskosten haben Kunden die Telekommunikationsbetreiber zunehmend als reine Provider wahrgenommen, die Leitungen zur Verfügung stellen. Ihre Wahrnehmung hinsichtlich Wert hat sich auf Mobilgeräte und Content-Anbieter verlagert. Gerade jetzt, da die Netzqualität eine tragende Rolle für ihren digitalen Lifestyle zu spielen beginnt, sehen viele Kunden in den Netzen nur noch ein austauschbares Standardprodukt. Diese Entwicklung wurde von den Unternehmen durch ein auf Preise, Reklameangebote, Mobiltelefone und Over-the-Top-Content fixiertes Marketing begünstigt. Dabei haben sie es versäumt, ihren Kunden die Investitionen und Innovationen deutlich zu machen, die für qualitativ hochwertige Netze erforderlich sind. Die Gesetzgebung hat diesen Trend beschleunigt und dafür gesorgt, dass die Preise niedrig bleiben, der Wettbewerbsdruck jedoch nach wie vor hoch ist.
Die Preisfixierung hat sich in den letzten fünf Jahren negativ auf die Umsätze, Erträge und Cash-Profile der meisten Betreiber ausgewirkt. Dadurch wurde es ihnen erschwert, in neue Technologien wie Glasfaserleitungen und 5G zu investieren sowie Netze mit dicht gestaffelten Zugangspunkten aufzubauen, um die wachsende Datenmenge zu bewältigen. Telekommunikationsanbieter müssen ihre Marketingstrategien dringend anpassen, damit Netze nicht länger nur über ihren Preis definiert werden. Während nordamerikanische Unternehmen die Bedeutung der Netze für das Kundenerlebnis und die Leistung inzwischen besser vermitteln, besteht bei den europäischen Anbietern in dieser Hinsicht noch Nachholbedarf.